Ablauf
In den ersten Stunden geht es mir darum, das Problem des Klienten mitsamt den Symptomen, den Ursachen und seiner Entstehungsgeschichte sowie den Gründen, warum es bestehen bleibt, zu verstehen. Um die nötigen Informationen zu erhalten, muss ich dem Klienten viele Fragen stellen bzw. Fragebögen zur Lebensgeschichte und typischen Glaubenssätzen sowie Stressfaktoren ausfüllen lassen, denn trotz der Vorstellung einiger Menschen sind Therapeut:innen keine Hellseher. 😉 Gegebenenfalls schicke ich den Klient:innen auch zur Abklärung noch nicht untersuchter Beschwerden zu Fachärzten.
Gemeinsam werden diese Informationen dann zu einer Problemanalyse zusammengefasst und gemeinsam anhand einer Präsentation besprochen. So können Klient:innen und ich auf einen Blick sehen, wie seine Symptome zusammenhängen mit der Lebensgeschichte, der Persönlichkeit, den Lernerfahrungen in der Kindheit, genetischen Faktoren, aber auch mit typischem Verhalten in Konflikten oder emotional belastenden Situationen. Außerdem schauen wir uns genauer an, wie Klient:innen mit Emotionen wie Traurigkeit, Angst, Sorge, Ärger, Scham, Schuld und Hilflosigkeit umgehen, welche Strategien sie dazu entwickelt haben (Gefühlsvermeidung, Ablenkung, Erdulden, Überkompensation, usw.) und ob bzw. wie sie ihre Grundbedürfnisse nach Bindung und Nähe, Sicherheit und Kontrolle, Freiheit und Autonomie, Spaß und Freude, Erholung und Entspannung sowie Selbstwertstärkung erfüllen. Die meisten Probleme und Belastungen entstehen, weil wir ungünstige Strategien wählen, um unsere Bedürfnisse (meist kurzfristig) zu befriedigen und weil wir nicht gelernt haben, unsere Emotionen als Messinstrumente für Bedürfnisse wahrzunehmen. Stattdessen folgen wir häufig dem Anteil in uns, der all die Ge- und Verbote und Handlungsanweisungen enthält, die wir schon in der Kindheit erlernt haben („du musst es allen recht machen und beliebt sein“, „du musst leisten und perfekt sein“, „es ist wichtig, was die anderen denken“, „zeig keine Schwäche/ keine Gefühle“, …) und die unbewusst unser Verhalten steuern. Kein Wunder, dass wir alle überfordert sind. Und dann entwerten wir am Ende noch selbst („du bist schwach, nicht gut genug, schlecht, dumm, hässlich, …“). Diesen „inneren Kritiker/ Bestrafer“ in uns lernen wir in der Therapie zu entmachten, damit wir uns nicht mehr unzulänglich und unnötig beschämt oder schuldig fühlen müssen. Stattdesse behandeln wir uns selbst mit Wertschätzung, Verständnis, Geduld und so liebevoll, wie wir scheinbar selbstverständlich bei anderen schaffen!
Die Problemanalyse zeigt uns letztlich, was der Klient verändern kann. Aus ihr heraus entwickeln wir dann gemeinsam mögliche Ziele für die Therapie, aus denen der Klient die für ihn wichtigen auswählt und in eine Reihenfolge bringt. Ich schlage zur Erreichung der Ziele mögliche Vorgehensweisen und Techniken vor. Der Klient entscheidet schließlich, welche Strategien er ausprobieren möchte.
Die Auswahl reicht von Informationsvermittlung, Reflektionen und Gesprächen über Rollenspiele, Kompetenztrainings, Entspannungsmethoden, Imaginationsübungen, Arbeit mit Gefühlen, körpertherapeutischen Übungen, Achtsamkeitsübungen usw. Ich gebe auch oft Hausübungen auf, die den therapeutischen Prozess unterstützen sollen. Verhalten ändert sich in der Regel nicht auf wundersame Weise von heute auf morgen, sondern bedarf des Ausprobierens, der Übung und Wiederholung. Außerdem sollen sich die gewonnenen Erkenntnisse festigen und die Motivation zur Veränderung steigern.
In meiner Arbeit ist es mir außerdem wichtig, die Stärken und vorhandenen Fähigkeiten des Klienten sowie sonstige Ressourcen (z.B. soziales Umfeld) bewusst zu machen und für die Erreichung der Ziele einzusetzen. So erlebt der Klient sich als selbstwirksam, spürt seinen eigenen Wert wieder mehr und engt seinen Blick nicht nur auf seine Mängel und Schwächen ein.
Regulär beendet ist die Therapie dann, wenn die vereinbarten Ziele erreicht sind und Strategien besprochen wurden, wie ein Rückfall vermieden werden kann bzw. was im Falle eine Rückfalls zu tun ist. Selbstverständlich ist der Klient aber zu jeder Zeit berechtigt, die Therapie vorzeitig abzubrechen.